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Von Henkelmännchen und Bruchschokolade

Jenny Kempen (Bewohner/in) - St. Lucia

Jenny Kempen

Frau Jenny Kempen wurde am 21.07.1915 als jüngstes von drei Kindern in Köln- Godorf geboren. Nach ihrer Geburt meinte ihr Vater nun sei das „Dreimäderlhaus“ komplett.

Sie erinnert sich an eine schöne und behütete Kindheit bei ihren sehr warmherzigen und keineswegs strengen Eltern: „Mein Vater war bei der Kölner Firma Stollwerk beschäftigt, und meine Mutter gab ihm täglich Mittagessen im Henkelmännchen mit. Jeden Samstag brachte er dieses Henkelmännchen bis zum Rand gefüllt mit Bruchschokolade aus der Fabrik mit nach Hause. Das war für uns Kinder jedes Mal ein Festtag. Mutter aber verbot uns strikt mit der Schokolade nach draußen zu gehen, damit die Kinder aus der Nachbarschaft nicht neidisch würden.

Nach der Volksschule machte ich eine Lehre als Schneiderin in Wesseling. Jeden Tag fuhr ich mit dem Rad von Godorf nach Wesseling, mittags zum Essen nach Hause und am Nachmittag die gleiche Strecke noch mal. Die Schneiderei, in der ich beschäftigt war, belieferte nur gut betuchte Kunden in Köln. Wenn ich eine Arbeit auslieferte, bekam ich ein tolles Trinkgeld, welches ich zu Hause in meinem Schuh versteckte, damit ich davon nichts abgeben musste. Mein Beruf hat mir viel Freude gemacht, meine Meisterin hat gelegentliche Veränderungsgedanken meinerseits im Keim erstickt. Sie wollte mich nicht gehen lassen. Sie hat mir sogar die Übernahme des Geschäftes angeboten, womit mein Ehemann jedoch nicht einverstanden war.

Leider verstarb mein erstgeborener Sohn ein paar Tage nach der Geburt. Bis heute der schlimmste Tag in meinem Leben, schlimmer als der Krieg. Einige Zeit später wurde ich erneut Mutter. Mein Sohn ist heute noch mein ganzer Stolz.

Seitdem habe ich noch viel für die Familie genäht, war aber nicht mehr berufstätig. Die Sorge um die Familie, die Arbeit in Haus und Garten hat mich glücklich gemacht. Von meiner Familie sind nur noch mein Sohn und eine Nichte am Leben.

Im Jahr 2006 bin ich in das Servicewohnen der CBT gezogen, wo ich bis 2012 sehr zufrieden gelebt habe. Nette und hilfsbereite Nachbarn haben mir es so lange ermöglicht, selbständig zu sein. Vor gut zwei Jahren bin ich dann in das angeschlossene Wohnhaus St. Lucia gezogen, es waren vor allem die Augen, die nicht mehr so wollten. Hier fühle ich mich sehr wohl. An meinem Geburtstag haben die Mitarbeiter mir einen tollen Tag bereitet und u.a. meinen Wunsch nach einer Marienandacht in der Kapelle erfüllt. Ich gehe fast täglich in die Kapelle des Wohnhauses, um die Mutter Gottes anzubeten.

Die vielen Gratulanten an meinem Ehrentag haben mich zu Tränen gerührt, aber es waren Freudentränen! Und wenn der Herrgott es so will, feiere ich meinen nächsten Geburtstag auch noch hier“.

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